Die Statuen veranschaulichen darüber hinaus den etwas abstrakten Prozess der Romanisierung, also die allmähliche Anpassung der einheimischen Bevölkerung an die Sitten und Gebräuche der Römer. Gräber mit figürlichen Darstellungen der Verstorbenen waren der ansässigen keltischen Kultur fremd, die Sitte kam erst mit den Eroberern aus Italien an den Rhein. Kleidung und Schmuck der beiden weiblichen Grabstatuen sind noch überwiegend von der Tracht der einheimischen Bevölkerung geprägt. Vermutlich stammten sie also aus der Region, womöglich sogar aus dem heutigen Rheinhessen. Beide Frauenfiguren tragen aber auch eine Palla, das typische lange Obergewand römischer Frauen. Diese Mischtracht markiert gewissermaßen den Übergang von der ehemals keltischen zu einer gallo-römischen Gesellschaft. Die männliche Statue hingegen, der sogenannte Togatus, erscheint durch und durch „römisch“. Er trägt die namensgebende Toga, mit der er sich als Bürger des Imperium Romanum präsentiert. Insgesamt sind die römischen Grabfiguren aus Ingelheim eine Momentaufnahme in einem Prozess, der viele Jahrzehnte andauerte.